Zwischen Schlaflosigkeit und Magengrummeln – Eine Geschichte aus dem Bauch heraus

Manchmal flüstern Geschichten in der Nacht.

Sie schleichen sich an, wenn Frau nicht schlafen kann, wenn der Bauch rumort und der Kopf einfach nicht zur Ruhe kommt.

Letzten Samstag war genau so eine Nacht für mich – und statt Schäfchen zu zählen, hab ich mir Gedanken gemacht.

“Erfinde irgendwas”, hab ich mir gedacht. “Irgendwas, was hilft”

Und das erste, was mir eingefallen ist, war:

Luftballons

und dann kamen mir so viele Ideen, dass ich aufgestanden und auf Zehenspitzen zum Schreibtisch geschlichen bin, um meine Gedanken festzuhalten.

(Zugegeben ich bin auch aufgestanden, um mir Fenchelsamen aus dem Gewürzregal zu mopsen – darauf rumzukauen kann wahre Wunder bei Bauchweh bewirken).

Und dann, nach all dem, konnte ich endlich einschlafen.🐑😴💤

Nur….

Am folgenden Tag hatte ich irgendwie keine Muße mehr, die nächtlichen Gedankenschnipsel in eine richtige Geschichte zu packen, doch dann passierten zwei Dinge:

  1. Beim Einkaufen entdeckte ich ganz „zufällig“ einen Luftballon-Stempel (den ich natürlich sofort kaufen musste. Ich liebe Stempel 😅)

  2. Und als ich eine Regenjacke suchte, fand ich darin gleich eine ganze Tüte vergessener Luftballons.

Das waren so viele Zeichen, dass ich das Gefühl hatte, diese Geschichte möchte bitte am besten sofort auf der Stelle geschrieben werden, auch meinem Bauch zuliebe. Also hab ich mich hingesetzt…

Und falls Du jetzt Lust bekommen hast, die entstandene Geschichte zu lesen, um herauszufinden, ob sie auch mit Dir in Resonanz geht…

Machs dir bequem und lass dich inspirieren:


 

Der Luftballon im Bauch

Die Schüler und Schülerinnen der Klasse 5A saßen gelangweilt herum, als die Referendarin eintrat.

Eigentlich stand Biologie auf dem Stundenplan, doch die junge Frau konnte lediglich Sprachen unterrichten.

Sie überlegte, was sie tun sollte, denn sie hatte noch nicht viel Erfahrung und diese Klasse kannte sie überhaupt nicht.

Sie spürte, wie sich ihr Magen verkrampfte.

Das war nicht gut.

Nervös kramte sie in der Tasche ihrer Jeans nach etwas, das ihr helfen könnte.

Ihre Finger stießen aber nur auf einen vergessenen Luftballon von ihrer kleinen Tochter.

Sie überlegte einen Moment, dann kam ihr eine Idee.
„Wisst ihr was?“, sagte sie laut zur Klasse:

„Heute sprechen wir mal über unser Bauchgefühl.“

Manche Schüler blickten skeptisch, andere gähnten nur oder starrten aus dem Fenster.

Doch die angehende Lehrerin ließ sich nicht beirren.

Sie zog den Luftballon aus der Tasche und begann, ihn aufzublasen.

Jetzt wurden die Schüler und Schülerinnen doch ein wenig neugierig.

Immer weiter blies die Referendarin, bis der Ballon prall gefüllt war.

Dann gab sie ihm einen leichten Schubs mit der flachen Hand und er flog zu den Mädchen in der ersten Reihe.

„Stellt euch vor, das ist euer Bauch. Wie fühlt sich das an?“

„Wie nach zu viel Essen“, sagte ein Mädchen.

„Wie, wenn mich jemand beleidigt hat“, sagte die Andere und zupfte an dem Ballon herum, der ein quietschiges Geräusch abgab.

Und schon hüpfte der Ballon durch die Reihen und zu den ersten Antworten kamen weitere dazu.

„Fühlt sich voll gestresst an. Wie, wenn man zu viele Hausaufgaben hat.“
„Ja! Mein Bauch fühlt sich nach dem Matheunterricht immer so an.“
„Manchmal hab ich so ein Gefühl, wenn ich mich aufrege.“

Ein Junge öffnete den Knoten und ließ langsam Luft aus dem Ballon entweichen.

„Er pupst!“, rief sein Banknachbar und die ganze Klasse lachte.

Die Referendarin schmunzelte.

„Vielleicht hilft es ja dem Bauch, wenn etwas Luft entweicht? Was könnte sonst noch helfen?“

„Sport machen!“, rief ein Mädchen aus der dritten Reihe.
„Sich hinlegen“, sagte ein Junge leise, der sehr müde aussah.
„Tief durchatmen“, sagte ein Mädchen mit wildem Lockenkopf.
„Mit jemandem reden“, fügte ein Junge mit Brille hinzu.

Der Ballon flog wieder zur Referendarin zurück. Sie ließ noch mehr Luft aus ihm entweichen, bis er schlaff zwischen ihren Fingern hing. Jetzt konnte sie darauf herumdrücken und er formte sich um.

„Und wie fühlt er sich jetzt an?“, fragte sie und warf den Luftballon wieder der Klasse zu.

„Leichter.“, sagte ein Mädchen mit Sommersprossen und ein Junge fügte hinzu:
„Nicht mehr so ​angespannt.“
„Da passt wieder was rein. Gibt`s bald Mittagessen?“, rief ein Mädchen dazwischen.

Wieder lachte die Klasse, doch alle wollten wieder den Luftballon befühlen.

„Wie verliebt. Ein bisschen flau“, sagte in Junge und wurde rot.

Die Schüler und Schülerinnen ließen den Ballon noch eine ganze Weile im Klassenzimmer auf und abspringen. Bliesen ihn auf, ließen die Luft raus und füllten ihn wieder.

Die Referendarin stand da, beobachtete sie und war fasziniert.

Manchmal, dachte sie überrascht, braucht es gar nicht viel, um über die wirklich wichtigen Dinge zu reden. Und sie beschloss, ihrer kleinen Tochter am Nachmittag die selben Fragen, wie dieser Klasse zu stellen.

2025, Anna Voge


Fühl mal nach…

Eine Geschichte über einen roten Luftballon und das Bauchgefühl

So wie die frei erfundene Klasse 5A mit dem Luftballon gespielt hat, könnten doch auch wir unsere Gedanken und Gefühle mal spielerisch wahrnehmen.

Unser Bauchgefühl spricht zu uns – manchmal leise, manchmal ganz deutlich und eigentlich lohnt es sich immer, mal genauer hinzuhören.


Alles Liebe,

Anna

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